Bildsymbolik
Wer glaubt, Stillleben seien langweilige Bilder ohne Bedeutung, liegt falsch. Umso mehr, wenn es sich um Stillleben handelt, auf denen in erster Linie Lebensmittel gezeigt werden. Viele der Bilder stecken voll von religiösen Mahnungen oder erotischen Anspielungen. Oft hat man das Gefühl, ein Rätsel zu betrachten, das gelöst werden will.
Um zu verstehen, warum Stillleben oft voller Symbolik stecken, muss man ein wenig über die Zeit, in der sie geschaffen wurden, wissen. Nach der Reformation lehnte die Kirche die bis dahin üblichen Heiligenbilder ab. Gemäß dem Gebot: "Du sollst dir kein Bild machen", dem Wegfall des Heiligenkults und dem Gebot der Mäßigkeit, mussten die Maler sich stilistisch umorientieren. Gleichzeitig gab es in den wohlhabenden Handelszentren (z.B. in Flandern) einen Bedarf an repräsentativen Bildern. Ergebnis waren Stillleben, auf denen üppig angeordnete, wertvolle Lebensmittel gepaart mit religiösen Szenen im Bildhintergrund dargestellt wurden. Die Lebensmittel im Vordergrund symbolisieren dabei oft nochmal den im Hintergrund angedeuteten biblischen Gedanken. Schließlich kam man ganz ohne die biblischen Szenen im Hintergrund aus.
Verstanden die Leute die Symbole?
Die Menschen des 16. und 17. Jahrhunderts waren durch die Bibel gewohnt, in Bildern einen Sinn zu suchen. Zusätzlich war es damals quasi "in", die Gegenwart Gottes in jedem Detail der Natur zu suchen. Nicht zuletzt waren damals Rätsel sehr beliebt. Stillleben waren also keine stilistischen Fingerübungen der Künstler, sondern waren Sinnbilder. Das Dargestellte deutet also auf etwas hin, was im Bild nicht sichtbar ist.
Anordnung der Lebensmittel
Nicht nur bei der Wahl der Symbole auf den Stillleben ließen die Künstler große Sorgfalt walten, auch bei der Anordnung der Dinge auf dem Bild blieb nichts dem Zufall überlassen. Sehr viele Stillleben wurden entlang von Diagonalen, Dreiecken oder anderen perspektivischen Linien konstruiert, um den Betrachter einerseits durch das Bild zu führen, aber auch, um den gezeigten Dingen eine unterschiedliche Gewichtung zu geben.
Apfel
Zeichen der Erlösung von der auf dem Sündenfall basierenden Erbsünde. In Verbindung mit einem Wurm oder einer Fliege symbolisiert der Apfel die Auseinandersetzung zwischen Gut und Böse.
Ei
Symbol der Geburt oder die Auferstehung Christi. Soll mitunter, aber eher selten, auch auf Potenz und Sexualität hindeuten.
Erdbeeren + Erdbeerblüten
Zum Teil steht die Erdbeere für Maria, manchmal symbolisieren die Erdbeeren aber auch sinnliches Verlangen.
Faules Obst o. Gemüse
Faules Obst weist auf den Vanitas-Gedanken (s. auch Symbolik von Lebensmitteln 1) hin. Es steht für die Vergänglichkeit allen irdischen Lebens.
Feige
Symbol für Überfluss und Fruchtbarkeit
Fisch
Der Fisch steht für Christus. (Er war früher das geheime Erkennungszeichen der verfolgten Christen)
Fleisch
Fleisch symbolisiert zum einen sexuelle Begierde, stand aber in vielen Stillleben auch für Reichtum und Luxus.
Geflügel
Wieder ein Zeichen für sexuelle Begierde (meist des Mannes). Es wird u.a. vermutet, dass der Begrief "Vögeln" aus den symbolhaften Darstellungen des Federviehs in Stillleben entstanden ist.
Käse
Christus wurde auch als "Milch des Himmels" bezeichnet.
Käse, als Milchprodukt, galt deshalb auch als Symbol für Jesus. Speise der Unsterblichkeit (fest gewordene Milch - Christus selbst als .himmlische Milch"), Fastenspeise, Alltagsspeise einfacher Leute
Krebs
Symbol für die Auferstehung Christi.
Muscheln
Ließen, je nach Zusammenhang, eine vielfältige Deutung zu. Mit geschlossenen Schalen wurden sie, als Träger von Perlen, mit Maria in Verbindung gebracht, die in ihrem Leib Jesus trug. Oft galten sie aber auch als Luxus-Symbol. Offene oder leere Muscheln waren eine Warnung vor zu viel Sinneslust. Sie galten somit auch als Symbol der Vergänglichkeit, da man annahm, häufiger Geschlechtsverkehr würde den Körper schwächen und den Verfall beschleunigen.
halbierte Nuss
Passionssymbolik, die beiden Naturen Christi (die menschliche Hülle musste zerbrechen, um die göttliche zu enthüllen)
Pfirsich
Symbolisierte -aufgrund seiner Form- oft das weibliche Geschlecht oder die weibliche Sexualität
Pflaume
Symbolisierte -aufgrund seiner Form- oft das weibliche Geschlecht oder die weibliche Sexualität
Schinken
stehen für reichliches Essen und Völlerei
Trauben
Steht für die Eucharistie (Erlösung durch das Blut Christi).
Würste
Symbolisierten den männlichen Phalus.
Zitrone
Symbol für die Mäßigung.
Zuckerwerk
Hingabe an die Begierden, Zeichen der Lüsternheit und häufig antithetisch zu Fastenspeisen gesetzt (Käse, Brot, Hering usw.), Mahnung zur Bescheidenheit
Quellen
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