Malerischer Ansatz: Gesichtsflächen

 

Die menschliche Fähigkeit zur Gesichtserkennung ist eine erstaunlich präzise und evolutionär tief verankerte Fähigkeit. Sie spielt nicht nur im sozialen Miteinander eine zentrale Rolle, sondern ist auch ein spannendes Thema im Kunstunterricht – besonders im Kontext von Portraits.

 

1. Neurobiologische Grundlagen

  • Der Fusiforme Gyrus (auch „Fusiform Face Area“, FFA) im Gehirn ist ein Bereich, der spezialisiert auf das Erkennen von Gesichtern ist.

  • Schon Neugeborene bevorzugen gesichtsähnliche Reize gegenüber anderen visuellen Mustern – ein Hinweis auf eine angeborene Präferenz.

  • Menschen können tausende Gesichter unterscheiden – oft unbewusst, blitzschnell und mit hoher Treffsicherheit. Auch wenn diese Gesichter verdeckt, unbeleuchtet, geschminkt, verändert oder gealtert sind.

 

2. Merkmale der Gesichtserkennung

  • Menschen erkennen Gesichter ganzheitlich, also als Gesamtheit, nicht als Sammlung einzelner Merkmale.

  • Bereits kleinste Veränderungen in Mimik oder Proportionen werden intuitiv wahrgenommen.

  • Gesichtserkennung funktioniert besonders gut bei frontalen Ansichten, aber auch in Halbprofil oder Silhouette erstaunlich gut.

 

3. Kognitive Besonderheiten

  • Der sogenannte „Inversionseffekt“ zeigt: Ein auf dem Kopf stehendes Gesicht ist schwerer zu erkennen als ein normales – im Gegensatz zu anderen Objekten. Das zeigt, wie spezialisiert unser Gehirn auf Gesichter ist.

  • Menschen nehmen Gesichter sogar wahr, wo keine sind: z. B. in Wolken oder Steckdosen – dies nennt man Pareidolie (Trugbilder).

 

 

4. Bedeutung im Kunstunterricht

  • Gesichtserkennung ist eine Grundlage der Portraitkunst – Schüler können reflektieren, welche Merkmale ein Gesicht „lesbar“ machen.

  • Das Thema erlaubt die Verbindung zu Stilmitteln und Abstraktion: Wie wenig braucht es, damit ein Bild als Gesicht erkannt wird?

  • Künstler wie Pablo Picasso oder Modigliani zeigen, wie stark man ein Gesicht stilisieren kann, ohne dass es seine Lesbarkeit verliert.

 

Fazit: Gesichter werden ganzheitlich, flächig und meist frontal/seitlich erkannt.

 

📝 Auftrag: Flächige Gesichter mit Online-Tool erstellen

 

Suche Schwarz-Weiss-Bilder online und speichere 3–5 in einem Bildordner ab. Öffne dann ein Bildbearbeitungsprogramm (z. B. Pixlr) online und erstelle flächige Portraits mit diesen beiden Methoden:

  • Pixlr.com:
    • Filtern / Verpixeln
    • Einstellung / Posterisieren (entspricht Tonwerttrennung)

Wie weit kannst du den Regler verschieben, damit du immer noch das Gesicht erkennst? Teste es aus.

 

📝 Auftrag: Flächiges Tuschfarben-Portrait.

  • Verwende eines der online generierten Bilder
  • Lege ein Transparenzpapier darüber und zeichne den wichtigsten Linien mit Bleistift nach.
  • Erstelle eine schwarze Tuschzeichnung in mindestens zwei Lavierungen.
    • Starte mit einem helleren Farbton (Tusche + Wasser)
    • Setze die dunklen Stellen mit reiner Tusche.

 

📝 Zusatzauftrag: Pareidolie in Umgebung suchen

Geh nach draussen und fotografiere mit deinem Mobiltelefon Pareidolie-Bilder. In welchen Ansichten kannst du ein Gesicht erkennen? Du darfst gerne dem Zufall auch etwas nachhelfen, indem du Dinge arrangierst.